Unterschiede ernstnehmen – statt ausschließen! Stellungnahme des Forums katholischer Männer zur erneuten Kritik von Papst Franziskus an der so genannten „Gender-Ideologie“
Erneut hat Papst Franziskus pauschal die so genannte „Gender-Ideologie“ als „hässlichste Gefahr“ heutzutage bezeichnet (katholisch.de vom 01.03.2024). Unterschiede auszulöschen bedeute, die Menschlichkeit auszulöschen. Mann und Frau stünden in einer fruchtbaren Spannung, so der Papst weiter.
Das Forum katholischer Männer wendet sich gegen die pauschale Verwendung des Begriffs der „Gender-Ideologie“ im Zusammenhang mit der Diskussion über Geschlechtsidentitäten. Wenn andere als die beiden polaren Geschlechter „Frau“ und „Mann“ unter Ideologieverdacht gestellt werden, müssen wir dem eindeutig widersprechen. Die Vielfalt geschlechtlicher Identitäten ist keine Ideologie. Die Existenz von Menschen mit unterschiedlichen geschlechtlichen Vorfindlichkeiten ist vielmehr eine Tatsache, auch innerhalb des männlichen Spektrums. Neben den beiden binären Geschlechtern von Mann und Frau gibt es viele weitere Varianten zwischen und außerhalb dieser beiden Pole. Innerhalb der katholischen Männerarbeit gibt es Menschen, die homosexuell, bisexuell, asexuell, non-binär, intergeschlechtlich, transgeschlechtlich oder genderfluid sind. Diese konkreten Menschen unter der „hässlichsten Gefahr“ der „Gender-Ideologie“ zu fassen, widerspricht einem christlichen Menschenbild der Gleichwertigkeit und gleichen Würde aller Menschen, für das die katholische Männerarbeit in Deutschland steht. Sie heißt alle Menschen, die sich eher dem männlichen Spektrum zugehörig fühlen, in ihren Reihen willkommen, unabhängig von der vom Papst geforderten Norm der Eindeutigkeit. Katholische Männerarbeit wirkt daran mit, die Vielfalt von Männlichkeiten sichtbar zu machen, anzunehmen und zu fördern, statt pseudo-naturale Vorannahmen mit sozialen Normen eines überholten Männer- (und Frauen)bildes zu vermischen, wie der Papst dies mit seiner Äußerung nahelegt.
Wir halten die Einlassung des Papstes in besonderer Weise für problematisch, weil gerade die Menschen, die sich im polaren Geschlechterspektrum nicht eindeutig wiederfinden, einer erhöhten Verletzungsgefahr ausgesetzt sind. Hier droht eine Nähe zu Hetzkampagnen populistischer politischer Parteien und Bewegungen gegen queere Menschen. Dem treten wir als katholische Männer entgegen, indem wir queeren Männern einen Schutzraum anbieten. Queere Menschen tragen die unveräußerliche Würde aller Geschöpfe. Davon sind wir zutiefst überzeugt.
Wir fordern den Papst auf, uns im Kampf gegen Diskriminierungen von Minderheiten und besonders verletzlichen Gruppen unmissverständlich zu unterstützen. Pauschale Verurteilungen und unsensible Sprache stellen Menschen ins Abseits kirchlicher Arbeit und Seelsorge. Dagegen müssen wir uns stellen. Denn gerade in der Wertschätzung von Unterschieden sehen wir die Menschlichkeit und zudem die Katholizität der Kirche anerkannt und gesichert.
Wer wir sind
Das Forum katholischer Männer ist ein Zusammenschluss von Organisationen, Gruppierungen und Einzelpersonen innerhalb der katholischen Kirche in Deutschland, die sich für eine männersensiblere Umwelt einsetzen. Ihr Sitz ist in Düsseldorf. Gegründet im Nationalsozialismus unter maßgeblicher Mitwirkung von P. Alfred Delp SJ hat es nach dem zweiten Weltkrieg unter anderem mit dafür gesorgt, dass körperlich und seelisch versehrte Soldaten in Gesellschaft und Kirche wieder Fuß fassen konnten. In der Tradition der Männerarbeit für individuelle Zugänge zu Männlichkeitsformen setzt sich das Forum katholischer Männer heute unter anderem für die Vielfalt geschlechtlicher Zugehörigkeiten und gegen Diskriminierung von Minderheiten ein.
Für das Forum katholischer Männer
Stephan Buttgereit (Vorsitzender)
Dr. Hans Prömper (Stellvertreter)
Norbert Hendriks (Stellvertreter)
Christian Kindler (Vorstandsmitglied)
Michael Schofer (Vorstandsmitglied)
Dr. Andreas Heek (Geschäftsführer)